Ofenmacher > Willkommen > Aktuelles > Pinwand > Sanu Maya und das Feuer

Sanu Maya ist mit ihrer kleinen Schwester allein zu Hause. Der Vater ist weit weg gegangen um Arbeit zu finden und er hatte versprochen etwas schön Warmes zum Anziehen für die Mädchen mitzubringen. Die Mutter ist auf das Feld gegangen um die letzten Arbeiten vor dem Winter zu erledigen. Es gibt etwas Milch und zwei Brotfladen von gestern zum Mittag.

Obwohl Sanu Maya erst sechs Jahre alt ist, kann sie gut mit dem Feuer in der Küche umgehen und wärmt die Milch im Topf auf dem eisernen Dreifuß an. Die Flammen lodern auf und Sanu Maya weiß nicht wie es eigentlich passierte, aber plötzlich steht das Baby mit beiden Füßen im Feuer.

Durch den Schock, die kleine Schwester schreiend im Feuer zu sehen, steht Sanu Maya stocksteif da und kann sich nicht bewegen. Sie ist wie gelähmt. Erst als die kleine Kanchi hinfällt und nur noch wimmert, besinnt sich die große Schwester, zieht das Baby vom Feuer weg und rennt aus der Hütte um nach Hilfe zu rufen. So laut sie kann schreit sie über die Terrassenhügel.

Die alte Schamanin, vor der sich Sanu Maya eigentlich ein bisschen fürchtet, kommt gerade um die Wegbiegung und stürzt in die Hütte um zu helfen. Die Milch kocht gerade über und löscht das Feuer. Beißender Rauch und brenzliger Geruch erfüllen den Raum.

Klein Kanchi liegt wimmernd vor der Haustür. Die Schamanin hat feuchten Kuhdung mit Kräutern vermischt auf die Füße des Babys gestrichen und eine beschwörende Formel gesungen. Sie ist gegangen. Der eine Fuß von Kanchi ist eine einzige Blase, fast wie der Ballon, den die Trekking Touristen ihnen letzte Woche geschenkt hatten. Der andere Fuß sieht ganz dunkelrotblau aus aber tut nicht so weh. Der Schreck steckt dem kleinen Kind immer noch im ganzen Körper und Kanchi muss immer wieder zittern, obwohl die Sonne sie eigentlich wärmen sollte.

Endlich kommt die Mutter nach Hause und Sanu Maya kann ihre übergroße Verantwortung abgeben. Sie weint bitterlich.

„Welch ein Unglück! Welch ein Unglück! Was sollen wir nur machen?“ Die Mutter ist ziemlich böse mit Sanu Maya und schimpft laut. Sie hat doch keinen Rupie Geld in ihrer Dose und eine medizinische Behandlung ist damit unerreichbar.

Sanu Maya wird geschickt, zum Healthpost zu laufen und den kleinen Doktor zu rufen, vielleicht hat er eine Medizin. Froh, eine Aufgabe zu haben, rennt sie los. Es ist nicht weit, nur zwei Hügel muss sie überqueren durch einen Bach laufen und um den großen Pipalbaum rennen. Dahinter ist der Healthpost. Der kleine Doktor hört sich den Bericht von Sanu Maya an, packt ein paar Verbände und Medikamente in seine Tasche und sie laufen den Weg zurück.

Es wird schnell dunkel im Winter und so erreichen die beiden die Hütte gerade noch im letzen Abendlicht. Es ist kalt geworden und Sanu Maya merkt erst jetzt, dass sie ihr Umhängetuch vergessen hatte. Sie zittert vor Kälte – und vor Aufregung.

Die Mutter hat Kanchi in die Küche gebracht und sie neben den Ziegen auf Stroh gelegt. Das Kind wimmert im Schlaf und sieht ganz blass aus. „Sie hat den ganzen Tag nichts gegessen“, ist die erste Information die der Dorfdoktor erfährt. Er sieht sich die Brandverletzung genau an und macht ein besorgtes Gesicht. „Es ist schlimm“ sagt er und „sie muss ins Krankenhaus“.

Das ist undenkbar für die Mutter, denn eine Behandlung im Krankenhaus muss bezahlt werden und sie hat keine Rupie in der Tasche. Mit Tränen in den Augen sieht sie ihre kleine Kanchi an und weiß dass dieser Unfall das Leben des Kindes für immer verändert hat. Sie bittet den Dorfdoktor einen Verband zu machen, wenigstens das.

Die Mutter trägt Kanchi in einem geflochtenen Korb. Mit einem Tragetuch, das über die Stirn verläuft und den Korb sicher auf dem Rücken hält, kann sie recht schnell laufen. Sanu Maya geht neben ihnen her und trägt das Bündel mit ein paar Anziehsachen und zwei Maiskolben, ihre Wegzehrung. Zum Krankenhaus brauchen sie etwa vier Stunden Fußmarsch und sie kennen den Weg gut.

Dort angekommen, wird Kanchi von dem ausländischen Arzt untersucht. Die Mutter versteht die Worte die gesprochen werden nicht, schöpft aber große Hoffnung, dass nun doch noch alles gut wird. „Man muss sehen, wie alles heilt und wie tief die Brandwunden sind“, sagt die Schwester, die die Worte des Arztes übersetzt. „Sie müssen ein paar Wochen hier bleiben“.

Die Behandlung geht langsam aber gut voran und Kanchi wird wieder laufen können. Die Mutter erfährt von den Lehmöfen, die solche schlimmen Unfälle verhindern können und wünscht sich sehr, auch so einen Ofen in ihrer Küche zu haben.